Nur wenige Kilometer vom Königspalast von Caserta entfernt, vor der außergewöhnlichen Landschaft des Hügels von San Leucio, liegt die königliche Stätte Belvedere di San Leucio. Es ist nicht nur ein prachtvolles Jagdschloss des bourbonischen Hofes, sondern auch ein Beispiel dafür, wie in Süditalien die fortschrittlichsten Ideen der europäischen Aufklärung umgesetzt wurden. Ferdinand von Bourbon und Maria Carolina von Österreich, das langlebigste der Königspaare, die zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert in Süditalien regierten, verwirklichten in der königlichen Stätte den Vorläufer eines industriellen Dorfes, das sich der Produktion von Seide widmete, die in ganz Europa vermarktet wurde. Der Bau des "Großen Bades von Maria Carolina" im Hauptgeschoss des Schlosses ist bis heute das sinnbildlichste Beispiel für die Blüte der neoklassizistischen Kultur am Ende des 18. Jahrhunderts und vielleicht die konsequenteste Rückbesinnung auf den klassischen Stil am bourbonischen Hof.

Paola Coniglio ist Kunsthistorikerin bei der Soprintendenza Archeologia, belle arti e paesaggio für die Provinzen Caserta und Benevento - Ministerium für Kultur.
---
Text: Paola Coniglio
Übersetzung: Judith Brandenburg
Stimme: Annalena Schmidt
Mastering: Enrico Di Iennio
Musik: Paisiello, La Nina, o sia La pazza per amore, Overture, 1789